AKTUELLES


BAG-Urteil: Videoüberwachung trotz Datenschutzverstoß verwertbar


Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage ging es in der Revisionsinstanz vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) um die Frage, ob Videoaufzeichnungen verwertet werden dürfen, die u.a. über die angegebene Speicherdauer von 96 Stunden hinausgingen. Zudem war eine solche Speicherdauer nach der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Videoüberwachung die Auswertung personenbezogener Daten (pbD) nicht erlaubt  und  verstieß somit gegen die Grundsätze der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Zum datenschutzrechtlichen Hintergrund:
Die Videoüberwachung stellt grundsätzlich eine Verarbeitung pbD gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO dar. Diese ist zulässig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und die entgegenstehenden Interessen der betroffenen Personen oder Grundrechte und Grundfreiheiten dem nicht überwiegen. Bei der Videoüberwachung durch den Arbeitgeber hat dieser als Verantwortlicher zudem weitere datenschutzrechtlichen Anforderungen zu beachten, wie u.a. die Informationspflichten nach Art. 13, 14 DSGVO durch eine deutliche Beschilderung im Eingangsbereich mit den erforderlichen Pflichtangaben. Außerdem ist die Speicherdauer einer Videoüberwachung zeitlich begrenzt – dabei ist allein der Zweck der Speicherung maßgebend, ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen ist dabei möglich, stellt aber im Hinblick auf die sonst sehr restriktive Speicherdauer bei Überwachungsaufnahmen von 48-72 Stunden eine deutliche Ausnahme nach oben dar.
Das BAG hat in seinem Urteil vom 29. Juni 2023 (Az. 2 AZR 296/22) nun entschieden, dass grundsätzlich kein Verwertungsverbot für Aufzeichnungen aus einer Videoüberwachung besteht, sofern sie offen gestaltet ist und ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. Vorgenanntes gelte selbst dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzes stünde. Damit bestätigt es seine frühere Entscheidung vom 23. August 2018, demnach die Speicherung von Bildsequenzen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig wird, solange die Ahndung der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber arbeitsrechtlich möglich ist.
Abzuwarten bleibt, ob diese rechtliche Fragestellung künftig womöglich noch den Weg zum EuGH findet – gerne halten wir Sie diesbezüglich auf dem Laufenden. Haben Sie Fragen, ob die Beschilderung auf Ihrem Werksgelände den datenschutzrechtlichen Standards genügt? Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung!


RAin Jennifer Schild & RA Hubert Beeck (Kooperationspartner)




Update zur Arbeitszeiterfassung

Wie sicherlich viele mitbekommen haben, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 13.09.2022 wegweisend entschieden, dass in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht.

Gemäß den Entscheidungsgründen leitet das BAG diese Pflicht nicht – wie man vermuten würde – aus dem Arbeitszeitgesetz her, sondern aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG).

Hierin heißt es, dass der Arbeitgeber zur Sicherung des Gesundheitsschutzes „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen“ hat.

Das umfasse eben auch die Verpflichtung, ein System zur Erfassung der von den Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen.

Mangels konkreter Regelung im Arbeitszeitgesetz hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nunmehr einen Referentenentwurf für eine konkrete Regelung zur Arbeitszeiterfassung vorgelegt.

In Kürze zusammengefasst umfasst der Entwurf die folgenden Punkte:

  • Arbeitgeber sollen verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch zu erfassen.
  •  Die Aufzeichnungen sind für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, längstens jedoch zwei Jahre aufzubewahren.
  • Die Aufzeichnung selbst kann an Arbeitnehmer oder Dritte delegiert werden; der Arbeitgeber bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich.
  • Vertrauensarbeitszeit ist weiterhin möglich, sofern sichergestellt ist, dass Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden.

Sollten Sie ergänzende Fragen zur Ausgestaltung & Umsetzung haben, vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Beratungsgespräch.

Am besten erreichen Sie mich per E-Mail unter schild@rechtsanwaeltin-schild.de oder während der Öffnungszeiten telefonisch unter der 06841 9768737.





TikTok-Verbot in den USA?

Wie steht es um den Datenschutz und die Datensicherheit bei der Nutzung von TikTok?

US-Präsident Joe Biden hat dem chinesischen Mutterkonzern der Plattform TikTok, „ByteDance“, ein Ultimatum gestellt:
Entweder die chinesischen Anteile von TikTok werden verkauft  oder die Nutzung der App wird landesweit verboten.

Was ist das Problem?


Auch wenn es in der Konstellation USA – China im Kern wahrscheinlich weniger um Datenschutz und Datensicherheit, sondern viel mehr um einen politischen Machtkampf geht, ist ersteres zumindest nach außen der Auslöser für die heiß umstrittene Nutzung von TikTok.
Denn TikTok speichert und verarbeitet personenbezogene Daten – und zwar viele!
Bereits bei der Registrierung werden Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummer und die Sprachauswahl abgefragt.
Bei der Verwendung erfasst TikTok auch, auf welche Inhalte der Nutzer reagiert, wonach er sucht und welche TikTok’s ihm besonders gut gefallen.
Aber damit nicht genug:
TikTok erhebt auch externe Informationen wie z.B. den Browserverlauf, die IP-Adresse, Standortdaten und Mobilfunkdaten – dies wohlgemerkt ohne jegliche datenschutzrechtliche Rechtfertigungsgrundlage.
Erhoben werden diese Daten durch den Einsatz von Cookies, wobei für das hauseigene Cookie von TikTok nicht einmal eine datenschutzrechtliche Einwilligung eingeholt wird, sodass die Nutzung schlicht unzulässig ist.

Erheben ist das eine, aber wo werden diese ganzen Daten denn nun gespeichert?
Tja, das weiß eben keiner so genau.
TikTok gibt lediglich an, dass personenbezogene Daten auch außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes gespeichert werden, jedoch nicht, in welchen Ländern genau.
Das ist – zumindest den europäischen Raum betreffend – insofern relevant, weil die DSGVO eine Übermittlung von Daten aus der EU in ein Drittland, das keine angemessenen Datenschutzbestimmungen vorweist, nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässt.

Die USA jedenfalls sind der Auffassung, dass die App ein großes Sicherheitsrisiko birgt, da die  Möglichkeit besteht, dass TikTok amerikanische Nutzerdaten an die chinesische Regierung weitergibt – ByteDance dementiert diese Vorwürfe!

Fazit:


Ganz unabhängig von dem Ausgang des Machtkampfes zwischen USA und China, ist eines gewiss: Datenschutzrechtlich ist TikTok problematisch!
Sei es, weil Einwilligungen von Kindern abgefragt werden, die diese (mit 13 Jahren) gar nicht in datenschutzrechtlich zulässiger Art und Weise abgeben dürfen;
Sei es, weil bis heute nicht klar ist, wo all die zuvor genannten Daten gespeichert werden und wem sie weitergegeben werden;
Sei es, weil sich anhand dieser Daten umfassende Persönlichkeitsprofile erstellen lassen um Werbung zu betreiben (in die natürlich auch nicht eingewilligt wurde).
So laut die Diskussion in den USA derzeit ist, so verhalten ist die bisherige Einschätzung des Bundesdatenschutzbeauftragten. In Unternehmen jedoch sollte TikTok auf dienstlichen Geräten möglichst nicht installiert werden und die Nutzung von ArbeitnehmerInnen entsprechend reguliert werden.

Gerne stehe ich für ergänzende Rückfragen zur Verfügung.


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